Anglizismen im Deutschen
2. Fremdwort, Lehnwort, Anglizismus
3. Fremdwörter und Anglizismen in der Geschichte
der deutschen Sprache
5. Morphologische, syntaktische und semantische
Möglichkeiten bei Anglizismen
6. Gründe für den Gebrauch von Anglizismen
7. Stilist. Funktion von Anglizismen in der
Presse Sprache
8. Anglizismen in der Jugendsprache
9. Anglizismen im Deutschunterricht der Sek I
Die dtsch. Sprache ist wie jede andere lebende Sprache einem ständigen Wandel unterzogen. Als Kultursprache hat das Deutsche Wörter aus allen Teilen der Welt in sich aufgenommen. Veränderungen in der deutschen Sprache – der Gebrauch von Fremdwörtern – in der dtsch. Sprache waren in der Vergangenheit (und bis heute) Anlaß heftiger Auseinandersetzungen. So ist in heutiger Zeit der Gebrauch von Anglizismen in der deutschen Sprache immer noch ein zentrales Thema.
Der Gegenstandsbereich dieser Arbeit „Anglizismen in der dtsch. Sprache“ kann aus vielen Blickwinkeln betrachtet werden, von denen in dieser Arbeit folgende Aspekte geklärt werden sollen: Zunächst wird geklärt, was unter Fremdwort, Lehnwort und Anglizismus zu verstehen ist (1). Danach wird der Einfluß von Fremdsprachen und der Stellenwert von Anglizismen in der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Sprache dargestellt (2). Um auch die gegenwärtigen Entwicklungen in der Sprache zu berücksichtigen wird im nächsten Kapitel der Begriff „Internationalismus“ geklärt (3). Im darauffolgenden Abschnitt soll untersucht werden, wie Anglizismen in morphologischer, syntaktischer und semantischer Hinsicht in die deutsche Sprache integriert werden (4). Anschließend werden die sich aus den Darstellungen ergebenen Motive für den Gebrauch von Anglizismen zusammengefaßt (5). Um die konkrete Anwendung von Anglizismen geht es im darauffolgenden Kapitel, das sich mit der stilistischen Funktion von Anglizismen in der Presse beschäftigt (6). Weiterhin soll auf den Gebrauch von Anglizismen in der Jugendsprache eingegangen werden (7). Im letzten Kapitel wird untersucht, welchen Stellenwert das Thema „Anglizismen“ im Deutschunterricht der Sekundarstufe I hat (8).
Hört man den Begriff „Anglizismus“, denkt man in erster Linie an „Fremdwort“. Als Angehöriger einer Sprachgemeinschaft ist man an bestimmte Struktur (Morphologie und Syntax) und Aussprache (Phonologie) seiner Muttersprache (Nationalsprache) gewöhnt. Wörter der eigenen Sprache vermitteln Eindruck der Durchsichtigkeit und Vertrautheit. Begegnet dem Sprachbenutzer ein Wort nicht zur Struktur seiner Gewohnheitssprache paßt, so ist ihm dieses Wort nicht vertraut – es ist ihm fremd Daß Fremdwörtern aufgrund dieser Tatsache häufig Mißtrauen entgegen gebracht wird, liegt also an der Unmotiviertheit ihrer morphologischen und semantischen Struktur (Saussure). Im Verlauf dieser Arbeit soll herausgestellt werden, inwieweit dieser Sachverhalt auf den Anglizismus in der deutschen Sprache zutrifft.
Bei einem Anglizismus handelt es sich um ein Wort, das aus der englischen Sprache, in den Wortschatz einer anderen eingegangen ist, Anglizismen sind Entlehnungen aus allen Varietäten des Englischen (z.B. American-English (AE), British-English (BE), Black-English und Jamaican-Englisch) In dieser Arbeit soll nicht zwischen den Varietäten des Englischen unterschieden. Die zwei in Kontakt tretenden Sprachen werden mit „Gebersprache und „Nehmersprache“ bezeichnet.
Der
Ausdruck „Entlehnung“ kommt aus der Ethymologie, ein Teilbereich der
Sprachwissenschaft, der sich mit der Geschichte von Wörtern einer Sprache
beschäftigt. E. Seebold beschreibt anlehnend an Werner Betz verschiedene Formen
der Entlehnungen. Die Gesamtheit aller Entlehnungen wird als Lehngut
bezeichnet. Der Gegensatz dazu ist das Erbgut, welches den Grundwortschatz einer Sprache umfaßt, dessen Wörter in
Lautgestalt und Struktur der eigenen Sprache also dem spracheigenem Wortschatz
zugehörig sind
Beim
Lehngut wird unterschieden zwischen äußeres (= leicht erkennbares) Lehngut und
inneres (= dem Sprecher meist verborgenes) Lehngut. Äußeres Lehngut enthält
lexikalische Einheiten, die fremdes Morphemmaterial enthalten (z.B. Mystik,
Rhythmus). Inneres Lehngut umfaßt lexikalische Einheiten, die Morphemmaterial
enthalten, das der eigenen Sprache zugehörig ist (z.B. Fenster, Ziegel).
Seebold unterscheidet beim Lehngut Lehnwort und Lehnprägung. Bei Lehnwörtern wird unterschieden zwischen Fremdwort und Beutewort. Fremdwörter sind Wörter oder Wendungen einer Gebersprache bzw eine peripheren Wortschatzes, die sich in Lautgestalt und Struktur an der aufnehmenden Sprache unterscheiden Beutewörter sind Entlehnungen, die von vornherein morphologisch und syntaktisch zur Nehmersprache passten oder ihr nachträglich angepaßt worden sind.
Zur
Lehnprägung zählen die Lehnbildung und die Lehnbedeutung. Eine Lehnbildung
bedeutet die Bildung eines neuen Wortes unter dem Einfluß eines fremden z.B.
Vorbildes. Hierbei gibt es folgende Möglichkeiten: 1.Lehnübersetzung und
2.Lehnübertragung. Lehnübersetzungen (Übersetzung von engl. Komposita und
Wendungen) sind Wörter, bei denen ein gegliedertes fremdes Wort Stück um Stück
übersetzt wird, z.B. Wolkenkratzer (skyscraper), Außenseiter (outsider),
Halbzeit (half-time). Lehnübertragungen (Teilübersetzung von engl. Komposita
und Wendungen) sind Wörter, bei denen nur ein Teil des neuen Wortes eine
Entsprechung in seinem Vorbild hat, z.B. Schlafstadt (dormitory town), Urknall
(big bang), Unterhaltungsgeschäft (show business). Bei der Lehnbedeutung
entlehnt ein bereits bestehendes Wort in der Nehmersprache von einem
gleichbedeutenden Wort der fremden Sprache eine zusätzliche Bedeutung, z.B.
Allergie, Szene, Generation, Bank, Gras
Übersicht:
Hierarchie des lexikalischen Lehngutes (nach Seebold)
Haugen, der den Entlehnungsprozeß als
dynamischen Vorgang versteht und sich von oben beschriebenen Entlehnungsbegriff
entfernt unterscheidet drei Arten der Entlehnung:
1.
vollständige
Übernahme fremdsprachiger Morpheme., z.B. Establishment
2.
partielle Übernahme
bei gleichzeitiger Substitution eigensprachlicher Morpheme, z.B. Boomgefühl
3.
Nullübernahme mit
vollkommener Substitution, z.B. Papier im Sinne von Bericht
Die
dtsch. Sprache ist im Laufe der geschichtl. Entwicklung bis heute dem
wechselseitigen Einfluß verschiedener Kulturen und Modeerscheinungen somit also
versch. Sprachen ausgesetzt. Man spricht auch von „Entlehnungsepochen“, die
eine Sprache durchmacht. Den mächtigste und bis heute anhaltende Einfluß auf
die Entwicklung der dtsch. Sprache hatte das Lateinische und Griechische, als
gemeinsame Basis aller europäischen Sprachen. Im MA ist Latein die
Wissenschaftsprache. Im Humanismus bewirkt das Bildungsbestreben der Menschen,
daß eine Masse von wissenschaftlichen (lat./griech.) Ausdrücken in die dtsch.
Gemeinsprache übergeht. Im 17. und 18. Jh. hat die „Modeerscheinung“ des
Französischen einen nachhaltigen Einfluß auf die deutsche Sprache. Im 19.
Jahrhundert wurde das Französische allmählich vom Englischen abgelöst. Nach 45
überwiegt der Einfluß des „American-English“.
Die
nationale Sprachgeschichtsschreibung hat diese Entlehnungsvorgänge bisher fast
ausschließlich als einzelsprachliche Ereignisse beschrieben. Im Hinblick auf
die Anglisierung und Amerikanisierung der Gegenwartssprache kann jedoch von
einer europäischen Sprachbewegung gesprochen werden. So sieht Wandruzka die
Einzelsprachen als Polysysteme, als ein Konglomerat von Sprachen an. Neben die
einsprachliche Vollkommenheit setzt er die mehrsprachige Unvollkommenheit und die
unvollkommene Mehrsprachigkeit. Von diesem Standpunkt aus ist die im Laufe der
Geschichte weitverbreitete Kritik an Fremdwörtern aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar
In der Vergangenheit gab es in Deutschland immer wieder
Diskussionen um die Vielzahl von Fremdwörtern in der deutschen Sprache, die
nach Ansicht vieler Sprachpuristen und „Sprachverwalter“ die deutsche Sprache
„verunreinigen“ und „gefährden“. Schon um 1900 wurde klar, daß Engisch die
Sprache der Zukunft sein würde, zum Leidwesen deutschnationaler Kräfte. Heute
warnen nur noch vereinzelte Stimmen vor einer Fremdwortüberflutung, z.B. der
„Verein zur Wahrung der deutschen Sprache“. In den modernen Stilkunden (z.B.
bei Ludwig Reiners) findet man verschiedene Einwände wie die folgenden gegen
den Gebrauch von Fremdwörtern:
1.
Fremdwörter gefährden
die Genauigkeit des Denkens (verschwommene Wortbedeutung)
2.
Edle Stilschichten
werden durch Fremdwörter entstellt.
3.
Fremdwörter dienen
nur der primitivsten Verständigung (!)
4.
Fremdwörter errichten
Sprachbarrieren (Schwierigkeiten in der Kommunikation)
Gegen Ende des 20. Jh. richten sich viele Fragen auf übernationale Probleme und Aufgabenbereiche, die Kritik an Fremdwörtern sollte massiv in Frage gestellt werden. Die einzelsprachliche Betrachtung von Anglizismen sollte daher heute im Zusammenhang mit der zunehmenden Internationalisierung unserer Wortschätze angesehen werden. Heute sind sich viele Linguisten (z.B. Peter Braun) darüber einig, daß viele europäische Länder einen gleichen lexikalischen Lehnwortbestand besitzen, der aus internat. Kontakten mit polit., kulturell. ökonomischen etc. Voraussetzungen resultiert.
Die
sprachlichen Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Sprachen werden mit dem
Begriff „Internationalismus“ erfaßt. Im wesentlichen handelt es sich bei „Int.“
um eine zusammenfassende Bezeichnung für sprachliche Einheiten (verschiedene
Wörter), die sich in verschiedenen internationalen Sprachen (unbestimmte
Anzahl) finden. Diese Wörter haben ein bestimmtes Maß an formaler und
inhaltlicher Übereinstimmung (eigene Definition nach Schaeder)
Beispiel
aus dem Bereich Bauwesen / Gebäude:
dtsch. |
engl. |
frz. |
ital. |
span. |
Theater |
theater |
théatre |
teatro |
teatro |
In
diesem Sinne hat sich Englisch zu einer Weltsprache entwickelt, man denke nur
an das „Euro-Englisch“ in Brüssel, an den „Airspeak“ im Luftverkehr und den
Seaspeak auf den Weltmeeren. Englisch
wird heute daher vielfach als „Lingua Franca“ (Verkehrssprache eines größeren,
mehrsprachigen Raumes) bezeichnet
In
einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 10. Juli 99 bestätigt Gerd Raeithel,
daß Englisch Weltsprache ist, prognostiziert jedoch für das 21. Jahrhundert:
„Parallel zur Globalisierung verläuft eine Lokalisierung.“ Demnach werden in
Zukunft die Regionalsprachen erstarken. Im Internet z.B. steigt bereits die
Nachfrage nach nicht-englischen Materialien.
So
gesehen kann auch nicht mehr von „Verenglischung“ der deutschen Sprache
gesprochen werden: Im nächsten Kapitel, das sich mit der morphologischen,
syntaktischen und semantischen Integration des Englischen in der deutschen
Sprache beschäftigt, wird sich zeigen, daß nicht wie viele Sprachkritiker immer
wieder befürchteten „an ihrer Substanz genagt“ wird. Die deutsche Grammatik ist
stabil. Das Englische wird nur „passend“ für die jeweilige regionale Sprache
umgeformt und in sie eingebettet. Natürlich verändert sich die deutsche Sprache
dadurch: Vor allem in ihrer Lexik wird sie stark bereichert.
Dieses
Kapitel beschäftigt sich mit der Frage wie die Integration der englischen
Wörter im Deutschen aussieht. Es werden Verfahren dargestellt, mit denen
englische Entlehnungen an das deutsche phonologische und flektivische System
und an die Schreibung des Deutschen angepasst werden. Man spricht von Vollintegration, wenn die Entlehnung die
größtmögliche Einbürgerung in das Sprachsystem der Nehmersprache zeigt.
Grundsätzlich werden
vornehmlich Hauptwortarten wie Verben, Adjektive und vor allem Substantive aus
dem Englischen übernommen.
Neben
der vollständigen Übernahme gibt es hauptsächlich die folgenden zwei
Möglichkeiten der Wortbildung, bei der englische Lexeme ins Deutsche integriert
werden: 1. Die Komposition, bei der englische
Lexeme mit deutschen oder englischen Lexemen kombiniert werden, und 2. die
Derivation durch Adaptionselemente, bei der durch Affigierung (Anfügen von
Affixen) ein fremdes Wort in eine best. Wortart oder Wortklasse (mit
dazugehöriger Flexion) überführt wird.
Auch
kann eine Anpassung durch
Lautsubstitution erfolgen: Das englische Wort, welches Laute enthält, die in
der Nehmersprache nicht vorkommen, wird lautlich angepaßt, z.B. service ->
servis, abturnen -> abtörnen, stike -> Streik (nach der neuen
Rechtschreibung legitim).
Substantivbildungen
Es
gibt eine Reihe von Mischkomposita, bei denen es sich um entlehnte
Zusammensetzungen handelt, z.B. Songwriting, Bonehead, oder um Komposita aus fremden und eigenen Anteil, z.B.
hybride Bildungen wie Haarspray, Popsänger, Kneipenflirt, Kuh-Look.
Weiterhin
können Substantive gebildet werden mit aus dem engl. stammenden Präfixen und
„combining forms“, z.B. Ex-Frau, Afro-Look.
Sehr häufiges Vorkommen haben Täterbezeichnungen als
Ableitung vom engl. Substantiv mit Suffix –er, z.B. Rapper, Kidnapper mit
dazugehöriger Verbform: rappen, kidnappen.
In der Umgangssprache sind Kurzformen z.B. Übernahmen oder
Wortbildungen mit –i, -ie oder
–o-Suffix als englische Ableitung sehr verbreitet: Bulli, Brummi, Softie,
Hippie, Teenie, Prolo, Fascho.
Die Genuszuordnung bei Substantiven folgt in der Regel dem
Genus der nächsten deutschen lexikalischen Entsprechung: das Tape (das
Tonband), der Fun (der Spaß)
Bei den Pluralbildungen wird das engl. Plural-s übernommen:
die Songs, die Bands. Bei Substantiven auf –er erfolgt die deutsche
Pluralbildung mit Nullmorphem: die Raver, die Rocker, die Punker (auch Punks).
Weibliche Täterbezeichnungen können auch modifiziert werden mit der Endung
„-in“ (Plural: „-innen“): Raverin, Punkerin.
Adjektivbildungen
Sehr häufig sind direkte Adjektiv-Übernahmen ohne Anfügung,
z.B. heavy, cool, clever, easy, happy, meist mit der dazugehörigen deutschen
Flektion: clever, am cleversten; cool, cooler, am coolsten; groovig, grooviger,
am groovigsten.
Häufig
sind auch Ableitungen von engl. Substantiv zum dtsch. Adjektiv mit dem Suffix –ig: Grunge -> grungig, Freak
-> freakig, Space -> spacig, ebenfalls in flektierter Form.
Auch werden engl. Adjektive mit der Endung –y zu dtsch.
Adjektiven mit –ig-Suffix angepasst: tricky -> trickig, funky -> funkig,
groovy -> groovig
Verbbildung
Üblicherweise werden engl. Verben mit dem dtsch. Suffix der
Infinitivform angepasst (mit der damit verbundenen Möglichkeit der Flexion):
z.B. „-ieren“ -> to involve zu involvieren, to realize zu realisieren, to
legalize zu legalisieren; und „-en“ -> to check zu checken, to beam zu
beamen, to load zu loaden.
Auch möglich ist eine Ableitung vom engl. Adjektiv zur dtsch. Verbform mit der Infinitiv-Endung –en: top -> toppen: „Das ist nicht mehr zu toppen!“
Beim Perfektpartizip ist sowohl die Anfügung des Präfixes „ge“- und der Endung „-t“ als auch die hybride Schreibung „ge-(e)d“ möglich: getuned, geouted.
Geläufig sind auch Modifikationen oder Kompositionen von Verben durch Anfügung von Präfixen: ausflippen von flip out, ab-, an-, -durch-, verchecken von check, abrocken, abgrooven, reinpowern, antesten.
Auf
syntaktischer Ebene lassen sich englische Wörter u.a. aufgrund ihrer
Flektionsmöglichkeiten problemlos ins Deutsche einfügen
Es
finden sich außerdem zahlreiche
Lehnwendungen wie „Das ist nicht mein Ding“ und die im Deutschen gängigen
Imperativformen „Vergiß es“ von „forget it“ und „Laß uns“ von „let us“. Neue Wendungen entstehen häufig durch
Kombination mit einem englischen Element: Pep im Blut, Speed machen, nicht ganz
fit sein.
Bezüglich
der Grammatik und der Phonologie werden v.a. in der Jugendsprache häufig
nicht-standarssprachliche Merkmale und Schreibweisen aus dem Englischen
übernommen: gimme (give me), ain`t (isn`t / haven`t), groovin` (grooving),
Nigga (Nigger), Bruda (von Bruder), tuff (tough), thanx (thanks). In der
Zeichensetzung wird bei den Pluralformen gelegentlich das (auch im Englischen)
nicht-standardsprachliche Apostroph übernommen: die CD`s, die Jung`s.
Aus
semantischer Sicht kommt bei der Verwendung von Anglizismen zu dem
begrifflichen Inhalt (Detonation) eines Sachverhaltes häufig ein Nebensinn und
ein Gefühlsinn (Konnotation), also eine weitere Bedeutung.
Oft
entstehen im Deutschen durch den Einfluß des Englischen Wörter
(Wortneubildungen), die in der Bedeutung noch nicht einmal in der Gebersprache
vorkommen: Happy End (Happy Ending), Oldtimer (veteran car), Slip (pants),
Smoking (dinner jacket)
Die
ähnliche Struktur der Gebersprache Englisch und der Nehmersprache Deutsch
ermöglicht semantische, lexikalische und morphologische Eigenwege des
Deutschen. Das Adjektiv „fit“ beispielsweise wird in zahlreichen Sachgebieten
verwendet und geht im Deutschen über die eigentl. engl. Bedeutung (gesund,
körperlich in gutem Zustand) hinweg: Er ist fit für die Klausur. Sie hat den
Wagen wieder fit gekriegt. Deutschland
ist europafit.
Auch
ergeben sich sehr häufig Bedeutungsverschiebungen z.B. bei Wendungen wie „Ich
liebe..“ und „Ich hasse...“ hat sich durch den Einfluß aus dem Englischen die
einstige emotionale Schärfe verschoben, ebenso bei “killen“ und „töten“.
Weiterhin
wird die deutsche Sprache unter dem Einfluß des Englischen durch zahlreiche
Bedeutungsübertragungen (Methapern) erweitert.
Zusammenfassend
läßt sich sagen, daß eine leichte Integration der Anglizismen ins Deutsche
unter morphologischen und syntaktischen Gesichtspunkten möglich ist. Dies ist
erklärbar aufgrund der Änlichkeit der beiden Sprachsysteme. Es kann bestätigt
werden, daß sich der deutsche Sprecher bei der Verwendung von Anglizismen zum
größten Teil an das dtsch. Wortbildungsmuster hält. Unter semantischen und
lexikalischen Gesichtpunkten kann man von einer Bereicherung des dtsch.
Wortschatzes sprechen.
Hinsichtlich
ihrer semantischen Leistung im Deutschen können Anglizismen in einem Kontinuum
zwischen „Bedürfnis-Lehnwörtern“ und „Luxuslehnwörtern“ eingeordnet werden. Die
wichtigsten Motive für den allgemeine Gebrauch von Anglizismen in der deutschen
Sprache sollen im folgenden zusammengefaßt werden.
1.
Sprachökonomische
Faktoren
Da
in der Gemeinsprache ein allgemeiner Trend in Richtung Sprachökönomie geht sind
englische Einsilber sehr verbreitet: Film, Club, Trend, Dock, Kick, Trip, Flop,
Trick, Pop, Stop, Tip. Auch Initialwörter, „Akkü“-Wörter u. Klammerformen: sind
sehr beliebt: Hi-Fi (High Fidelity), Laser, Radar, AIDS, LP (Long Playing),
Motel (Motor-Hotel), Brunch (Breakfast + Lunch), Smog (smoke + fog), Pop
(popular), VIP (Very Important Person), Strip (Striptease).
2.
Sachentlehnung
und Differenzierung
Anglizismen stellen häufig eindeutig definierbare Zeichen für bestimmte Sachverhalte und Techniken dar, wobei zugleich die Herkunft angezeigt wird. Anglizismen dienen daher in vielen Bereichen als fachsprachliche und wissenschaftliche Verständigungsmittel und bieten neue Differenzierungsmöglichkeiten. Durch Anglizismen können Wortfelder erweitert werden z.B. im Bereich Musik: Chanson, Schlager, Lied ->Song, Hit, Evergreen, Oldie
3.
Ausdrucksvariation
und Expressivität
Anglizismen
stellen Synomyme dar, sind häufig ein Ersatz für Wörter der eigenen Sprache,
die mit Konnotationen und Assoziationen beladen sind, und können zur
Verstärkung des Ausdrucks eingesetzt werden.
4.
Prestigewert
Durch
Anglizismus kann Positives, Wertneutrales assoziiert werden. Ein Anglizismus
kann eine neue bevorzugte Haltung zur bezeichneten Sache wiederspiegeln und
zeigt einen Wandel sozialer Verhältnisse an, z.B. Teenager statt Backfisch
(Tabu-Umschreibung und Euphemisierung).
5.
Leichte Integration
Da Englisch und Deutsch zur germanischen
Sprachgruppe gehören also verwandte Sprachen sind, weisen sie eine ähnliche
Struktur auf, was eine Intergration engl. Wörter in das deutsche Sprachsystem
erleichtert. Selbst die abweichenden Anlaute „j“ (Jogging, Job), „ch“ (Chip,
Check), „th“ (Thriller, Thatcher) stellen in der Regel kein Problem für den
dtsch. Sprecher dar.
6. Weltsprache Englisch
Aufgrund der Führungsrolle der USA in Wissenschaft und
Technik ist Englisch Weltsprache. Der Bestand an Anglizismen im Deutschen gibt
daher Auskunft über den eigenen kulturellen Standard und den Wissensstand.
Wenn
man untersucht in welchen Bereichen Anglizismen verwendet werden fällt auf, daß
der Gebrauch in den Massenmedien sehr hoch ist. Aus dieser Quelle gelangen die
meisten Anglizismen in die deutsche Gemeinsprache. Bei der folgenden
Betrachtung sollen die Motive für den Gebrauch von Anglizismen in der dtsch.
Pressesprache als einer Form von Schriftsprache dargestellt werden.
Anglizismen
erfüllen in der Presse eine bestimmte Mitteilungsfunktion. Zunächst werden
Anglizismen in der Presse wie auch in der Gemeinsprache ohne Zweifel aus
ökonomischen Gründen verwendet. Da ein Zeitungstext abwechslungsreich, aktuell
und interessant gestaltet werden soll, dienen Anglizismen außerdem zur
Variation des sprachlichen Ausdrucks. Anglizismen zeichnen sich durch ihre
Auffälligkeit, ihre Bildhaftigkeit, durch die Möglichkeiten der Wortspielerei
aus, und dienen der Ausdrucksverstärkung. Dadurch wird dem Text ein bestimmter
Stil verliehen. Anglizismen stellen daher funktional-stilistisch differenzierte
Sprachzeichen dar, die funktional oder expressiv verwendet werden können. Der
Gegensatz dazu sind funktional-stilistisch undifferenzierte Sprachzeichen, die
zum Grundwortschatz gehören, gleich gebraucht und verstanden werden.
Durch den Gebrauch von Anglizismen kann dem Text ein bestimmter Kolorit verliehen werden. Ein Kolorit kennzeichnet die besondere Stimmung, Eigenart und Atmosphäre einer Schilderung. Begleit- und Nebenvorstellungen, reaktive Gefühlen und Stimmungen, die beim Gebrauch des Anglizismus mitschwingen, tragen zum Kolorit bei. Man unterscheidet zwischen Lokalkolorit, Fachkolorit und Sozialkolorit.
Ein Lokalkolorit liegt vor, wenn der Anglizismus als sprachl. Zeichen verwendet wird um das Herkunftsland und dessen Eigenart anzuzeigen, so daß der Leser gewisse emotionale Vorstellungen mit der genannten Nationalität oder Region verbindet, z.B. Slums, Gospel, Sheriff
Ein
Fachkolorit liegt vor, wenn ein Anglizismus zur Realienbeschreibung verwendet
wird, um die beruflichen und fachliche Aspekte hervorzuheben und
Sachbezogenheit zu vermitteln. Dem Zeitungstext wird fachliche Kompetenz,
Genauigkeit und Wissenschaftlichkeit verliehen. Anglizismen sind in der
Funktion als Fachkolorit in der Presse am stärksten vertreten, was aus der
wachsenden Bedeutung von
Fachsprachen innerhalb der Gemeinsprache resultiert. In den folgenden
Sachgebieten kommen die meisten Anglizismen vor:
1.Medien, 2.Sport, 3.Musik, 4.Wirtschaft und Finanz, 5.Kunst, 6.Technik und Verkehr, 7.Politik und Gesellschaft, 8.Mode und Kosmetik, 9.Tourismus, 10.Wissenschaft.
Ein
Sozialkolorit liegt vor, wenn ein Anglizismus in einem best. sozialen Kontext
gebraucht wird und eine Gruppenzugehörigkeit anzeigt, so daß eine best.
Sprachgemeinschaft mit den dazugehörigen Menschen assoziiert wird. Folgende
Faktoren können hierbei als gruppenbildend aufgefaßt werden: Alter,
Interessensgemeinschaften, bestimmte weltanschauliche Prinzipien, Verlangen
nach gesellschftl. Status. Oft entstammen Anglizismen einer Sonderlexik, die
nur von Sprechern einer Gruppe aktiv gesprochen wird, z.B. der Geheimwortschatz
der jugendlichen Drogenkultur: Shit, Pot, Speed, Grass, high, Trip.
Neben der Funktion als Kolorit werden Anglizismen aufgrund ihrer Expressivität verwendet. Anglizismen können dem Text einen bestimmten Ton verleihen, sie werden häufig in humoristischer, parodistischer und ironischer Weise verwendet (=vom Kontext abhängig).
Da Anglizismen häufig konnotative Bedeutungsmerkmale aufweisen können sie auch zur Euphemisierung oder Tabu-Umschreibung verwendet werden. In dem Zusammenhang haben Anglizismen drei affektivische Funktionen: Sie können einen Sachverhalt aufwerten (z.B. in der Werbesprache), abwerten oder verhüllen. Hier besteht jedoch die Gefahr, daß Anglizismen als Mittel der Täuschung, Beeinflussung und Menschenlenkung eingesetzt werden.
Die Jugendsprache als eine Varietät des Deutschen ist für die Anglizismenforschung von großer Bedeutung, da Anglizismen (neben den Lautwörtern) gemeinhin als jugendsprachlich eingestufte Spezifika gelten. Hierbei tauchen Anglizismen sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache auf. Die Entlehnungen in der deutschen Jugendsprache gelten bereits in der Gebersprache als nicht-standardsprachlich und werden als Substandard-Entlehnungen bezeichnet.
Über die drei Wortarten Substantiv, Adjektiv und Verb hinaus, werden in der Jugendsprache u.a. Elemente wie Interjektionen und Gesprächspartikeln (Wow, well, shit, anyway), Anreden und Grußformeln (Yoh, Hi, Hey, Bye, Peace) sowie Routineformeln und Slogans (Good Stuff, No Joke!, So what?, here we are!) entlehnt und verwendet. Die syntaktische Einbettung des entlehnten Material kommt hierbei einem satzinternen Sprachwechsel (Code-Switching) gleich (Androutsopoulos).
Ein Unterschied von jugendsprachlichen Texten zu Pressetexten der dominanten Kultur ist, daß hier die englischen Formeln den laufenden Text eingebettet wird, z.B. „I don`t care, ob`s regnet oder nicht“, „Nicht schlecht, but not good enough“ oder umgekehrt: „Very noisy but kraftvoll“, während dort die Formeln und Mottos als Überschriften vom eigentlichen Text isoliert sind.
Eine Reihe der oben genannten Motive für den Gebrauch von Anglizismen gelten auch für die Jugendsprache (z.B. Sprachökonomie, Expressivität, Ausdrucks-variation, Euphemisierung und Tabu-Umschreibung). Anglizismen erfüllen die Kreativitäts- und Ausdrucksbedürfnisse der Jugendlichen und tragen zur Stärkung des Gruppenbewußtseins bei.
Die Sprachentlehnung bei Jugendlichen ist Teil der Kulturentlehnung. Da die anglophone Musikwelt einen beträchtliche Teil der jugendlichen Kultur ausmacht, stellt sie eine Quelle für Anglizismen dar. Anglizismen sind somit Kennzeichen von spezifischen Lebenswelten und Interessen und dienen der gruppensprachlichen Abgrenzung. Hierbei stellt nicht die Kompetenz der Fremdsprache die Grundlage der Abgrenzung dar, sondern das Kulturwissen, das hinter den Entlehnungen steckt. Die Medien (z.B. Musikzeitschriften und Fernsehen), die zu den Alltagserfahrungen und zur Jugendkultur gehören, bieten den Jugendlichen Sprachfolien an, auf die sie zurückgreifen können.
Für die internationalen Jugendkulturen fungiert das Englische auch als „Lingua Franca“ (Vgl. Internationalismen). Anglizismen werden von Jugendlichen also nicht nur aus „Prestige“ sondern zur internationalen Verständigung verwendet. Sie können in dem Zusammenhang auch als „subkulturelle Internationalismen“ bezeichnet werden.
Aufgrund ihres hohen Stellenwertes im Alltag der Jugendlichen eignet sich das Thema „Anglizismen im Deutschen“ sehr gut als Thema im Deutschunterricht der Sek I. Das Thema läßt sich demnach schülerspezifisch, altergemäß und lebensnah vermitteln. Vom Standpunkt des erfahrungsbezogenen Unterrichts als ein neueres didaktisches Konzept für den Deutschunterricht, trägt der Bezug zu den Alltagserfahrungen und Interessen der Jugendlichen wesentlich zur Motivation bei, die Unterrichtsinhalte werden durch den Bezug zur Lebenswelt und durch eigene Erfahrungen außerdem besser verinnerlicht und verstanden.
Es hat sich gezeigt, daß das Thema „Anglizismen“ in sehr viele Bereiche greift. Daher läßt es sich auf die Themenbereiche des Lernplans „Sprechen und Schreiben“, „Reflexion über Sprache“ und „Umgang mit Texten“ übertragen und ein exemplarisches Lernen ist möglich. Am Beispiel der Anglizismen wird eine Einsicht in die sprachlichen Strukturen der eigenen Sprache ermöglicht. Dabei ist auf vielfältige Weise ist ein kreativer und kritisch-reflektiver Umgang mit Sprache möglich. Durch die Möglichkeit der eigenen praktischen und kreativen Textproduktion kommt man außerdem den Kreativitäts- und Ausdrucksbedürfnissen der Jugendlichen entgegen.
Im 7. und 8. Schuljahr, in dem der Fremdsprachenunterricht beginnt, wäre eine Koppelung mit dem Englischunterricht also interdisziplinärer Unterricht sinnvoll. Hierbei können z.B. die Ähnlichkeiten und die Zusammenhänge der englischen und der deutschen Sprachstrukturen im Hinblick auf Internationalismen untersucht werden, was Übersetzungen erleichtert und den Schüler für beide Fächern motivieren kann.
Am Beispiel von Anglizismen können im Deutschunterricht Prozesse der Wortentlehnung sowie Probleme der Sprachnorm und des Sprachwandels untersucht werden, z.B. können die Schüler Texte aus dem vorigen Jahrhundert mit neuen Texten vergleichen, oder einen alten Text in eine moderne Sprache fassen und umgekehrt. Außerdem ist eine Analyse von deutschprachigen Rocktexten, in denen Anglizismen verwendet werden, z.B. von den „Fantastischen Vier“, als Einstieg in den (bei Jugendlichen oft unbeliebten) Themenbereich „Lyrik“ (9.-10.Klasse) möglich. Projektunterricht zum Thema „Werbung“, z.B. Werbetext für ein neues Produkt erfinden und eine selbst erfundene Dauerwerbesendung nach amerikanischen Muster auf Video aufzeichnen, hierbei können sich die Schüler mit Medien- und Werbesprache kritisch auseinandersetzen. Im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Thema „Zeitung“ können auch Zeitungstexte verglichen und auf den Gebrauch und die Funktion von Anglizismen und anderen Stilmitteln untersucht werden, was anschließend in die eigene kreative Textproduktion einfließen kann.
Androutsopoulos, Jannis K.: Deutsche Jugendsprache: Untersuchungen zu ihren Strukturen und Funktionen, Frankfurt am Main 1998
Braun, Peter: Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache: Sprachvarietäten, Stuttgart 1998
Carstensen, Broder, Gallinsky: Amerikanismen der deutschen Gegenwartssprache. Entlehnungsvorgänge und ihre stilistischen Aspekte. Heidelberg
Fink, Hermann: Vom Kuhlook bis Fit for Fun: Anglizismen in der heutigen Allgemein- und Werbesprache
Fitzner, Jürgen: Anglizismen im Deutschen. Ein Beitrag zur Bestimmung seiner stilistischen Funktion in der heutigen Presse. Stuttgart 1978
Raeithel, Gerd: Brodeln im Sprachmeer: „We kehr for you“ und noch „heaviere“ Sachen: Modern Talking im 21. Jahrhundert. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 156, 10.07.1999
Seebold, Elmar: Etymologie. Eine Einführung am Beispiel der deutschen Sprache. München 1981
Yang, Wen Lian: Anglizismen im Deutschen: Am Beispiel des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Tübingen 1990